Werkstoffe und Abdichtung von Wasserstoff

Optimierung von Dichtungskonstruktion im Einsatz mit Wasserstoff

Das offensichtlichste Problem der Abdichtung von Wasserstoff ist aufgrund des kleinen H2-Moleküls die Rauheit der Kontaktflächen. Hier empfiehlt es sich in der Regel polierte Kontaktflächen einzusetzen. Bei statischen Anwendungen (z. Bsp. Flachdichtungen) sollten dabei Rz-Werte von 1µm nicht überschritten werden. Bei dynamischen Anwendungen (z.B. Kolben- oder Stangendichtungen) empfiehlt es sich, noch glatter zu werden, um geometrische Undichtigkeiten von vorneherein auszuschließen. Die Bearbeitung der Kontaktflächen der Dichtungen erfordert ebenfalls besondere Sorgfalt.

Bei diffusions-offenen Werkstoffen (beispielsweise Elastomeren) kann hoher Druck dazu führen, dass sich Wasserstoff im Gefüge einlagert. Bei einer schlagartigen Entspannung des Systems kann das gefürchtete Phänomen der „explosiven Dekompression“ auftreten. Hier kann die Expansion der eindiffundierten Gasmenge zur Zerstörung einer Dichtung führen und in der Folge zum  Totalausfall des gesamten Systems führen.

Wasserstoffmoleküle diffundieren durch bekannte Dichtungswerkstoffe wie Elastomere und PTFE. Selbst das häufig eingesetzte modifizierte PTFE ist noch nicht "dicht" genug. Grafit versprödet zwar nicht, ist aufgrund seiner porösen Struktur jedoch nur bedingt geeignet, die geforderte Dichtheit zu gewährleisten. Metallisch armierte Weichdichtungen können allenfalls statische Anwendungen abdecken.

Die dynamische Abdichtung von Wasserstoff hingegen ist stets eine Herausforderung. So kommt es immer wieder zu unerwünschten Leckagen, die ein Sicherheitsrisiko darstellen. Weiterhin entstehen dadurch auch Verluste des wertvollen Energieträgers.

Nicht nur bei der Auswahl des Dichtungswerkstoffs, sondern auch bei den verwendeten Metallelementen (Stützringen, Federn, Schrauben) in der H2-Dichtung ist Werkstoffwissen erforderlich. Atomarer Wasserstoff kann in das metallische Gefüge eindringen und sich dort ablagern. Dadurch steigt der Innendruck und es können Spannungsrisse entstehen. Das Material härtet aus und versprödet. Die Spannungen werden so groß, dass selbst unbeanspruchte Bauteile brechen können. Dieser Effekt tritt zeitverzögert auf, daher nennt man ihn auch „verzögerten Sprödbruch“. Austenitische Stähle mit hohem Nickelgehalt sind weitestgehend unempfindlich und teilweise für den Wasserstoffeinsatz freigegeben (z.B. 1.4435, 1.4404 und 1.4307).

Aufgrund der teilweise tiefkalten Einsatzbedingungen verspröden selbst scheinbar kältebeständige Elastomere wie z.B. FKM-Dichtungen spätestens bei -60°C. Hinzu kommt, das schnelle Druckänderungen, wie z.B. beim Betanken, und die damit verbundenen Temperaturänderungen das Verhalten der Elastomere zusätzlich beeinflussen.  Dadurch ist der Einsatz von Elastomeren in Anwendungen mit Wasserstoff nur nach genauer Prüfung aller Einsatzbedingungen möglich.

Prinzipiell wären federunterstützte Dichtungskonstruktionen aus einem Fluorkunststoff als Ersatz möglich. PTFE (Polytetrafluorethylen) versprödet zwar bei diesen Temperaturen nicht, ist jedoch aufgrund der werkstofftypischen Porosität nicht uneingeschränkt nutzbar.

Polychlortrifluorethylen, auch kurz PCTFE ist ein thermoplastischer Fluorkunststoff, der auch bei minus 253°C noch nicht versprödet. Außerdem ist er durch seinen niedrigen Permeationskoeffizienten um ein vielfaches diffusionsdichter als beispielsweise PTFE. Vorteilhaft ist seine gute Zerspanbarkeit, die es erlaubt, beinahe jede beliebige Dichtungskontur mittels CNC-Fertigung zu drehen. Die Rohlinge lassen sich durch das sog. Kompressionmoulding auch für kleine Stückzahlen konturnah und somit wirtschaftlich herstellen. So können sämtliche bekannten Dichtungsvarianten wie Wellendichtringe, Kolben-Stangen-Dichtungen und selbst Gleitlager und Führungselemente für die Kryotechnik hergestellt werden. Kleine Stückzahlen oder vorgegebene Einbauräume sind aufgrund der spanenden Herstellung auf unseren Fertigungsmaschinen kein Problem.

Zusammenfassend läßt sich feststellen, dass es auf die individuelle Anforderung und Einbausituation bei Dichtungen im Einsatz mit Wasserstoff ankommt. Hier bieten wir Ihnen fachkundige Beratung und Unterstützung bei Auslegung und Auswahl geeigneter Dichtungslösungen an.

 

 

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Werkstoffe und Abdichtung von Wasserstoff

Optimierung von Dichtungskonstruktion im Einsatz mit Wasserstoff

Das offensichtlichste Problem der Abdichtung von Wasserstoff ist aufgrund des kleinen H2-Moleküls die Rauheit der Kontaktflächen. Hier empfiehlt es sich in der Regel polierte Kontaktflächen einzusetzen. Bei statischen Anwendungen (z. Bsp. Flachdichtungen) sollten dabei Rz-Werte von 1µm nicht überschritten werden. Bei dynamischen Anwendungen (z.B. Kolben- oder Stangendichtungen) empfiehlt es sich, noch glatter zu werden, um geometrische Undichtigkeiten von vorneherein auszuschließen. Die Bearbeitung der Kontaktflächen der Dichtungen erfordert ebenfalls besondere Sorgfalt.

Bei diffusions-offenen Werkstoffen (beispielsweise Elastomeren) kann hoher Druck dazu führen, dass sich Wasserstoff im Gefüge einlagert. Bei einer schlagartigen Entspannung des Systems kann das gefürchtete Phänomen der „explosiven Dekompression“ auftreten. Hier kann die Expansion der eindiffundierten Gasmenge zur Zerstörung einer Dichtung führen und in der Folge zum  Totalausfall des gesamten Systems führen.

Wasserstoffmoleküle diffundieren durch bekannte Dichtungswerkstoffe wie Elastomere und PTFE. Selbst das häufig eingesetzte modifizierte PTFE ist noch nicht "dicht" genug. Grafit versprödet zwar nicht, ist aufgrund seiner porösen Struktur jedoch nur bedingt geeignet, die geforderte Dichtheit zu gewährleisten. Metallisch armierte Weichdichtungen können allenfalls statische Anwendungen abdecken.

Die dynamische Abdichtung von Wasserstoff hingegen ist stets eine Herausforderung. So kommt es immer wieder zu unerwünschten Leckagen, die ein Sicherheitsrisiko darstellen. Weiterhin entstehen dadurch auch Verluste des wertvollen Energieträgers.

Nicht nur bei der Auswahl des Dichtungswerkstoffs, sondern auch bei den verwendeten Metallelementen (Stützringen, Federn, Schrauben) in der H2-Dichtung ist Werkstoffwissen erforderlich. Atomarer Wasserstoff kann in das metallische Gefüge eindringen und sich dort ablagern. Dadurch steigt der Innendruck und es können Spannungsrisse entstehen. Das Material härtet aus und versprödet. Die Spannungen werden so groß, dass selbst unbeanspruchte Bauteile brechen können. Dieser Effekt tritt zeitverzögert auf, daher nennt man ihn auch „verzögerten Sprödbruch“. Austenitische Stähle mit hohem Nickelgehalt sind weitestgehend unempfindlich und teilweise für den Wasserstoffeinsatz freigegeben (z.B. 1.4435, 1.4404 und 1.4307).

Aufgrund der teilweise tiefkalten Einsatzbedingungen verspröden selbst scheinbar kältebeständige Elastomere wie z.B. FKM-Dichtungen spätestens bei -60°C. Hinzu kommt, das schnelle Druckänderungen, wie z.B. beim Betanken, und die damit verbundenen Temperaturänderungen das Verhalten der Elastomere zusätzlich beeinflussen.  Dadurch ist der Einsatz von Elastomeren in Anwendungen mit Wasserstoff nur nach genauer Prüfung aller Einsatzbedingungen möglich.

Prinzipiell wären federunterstützte Dichtungskonstruktionen aus einem Fluorkunststoff als Ersatz möglich. PTFE (Polytetrafluorethylen) versprödet zwar bei diesen Temperaturen nicht, ist jedoch aufgrund der werkstofftypischen Porosität nicht uneingeschränkt nutzbar.

Polychlortrifluorethylen, auch kurz PCTFE ist ein thermoplastischer Fluorkunststoff, der auch bei minus 253°C noch nicht versprödet. Außerdem ist er durch seinen niedrigen Permeationskoeffizienten um ein vielfaches diffusionsdichter als beispielsweise PTFE. Vorteilhaft ist seine gute Zerspanbarkeit, die es erlaubt, beinahe jede beliebige Dichtungskontur mittels CNC-Fertigung zu drehen. Die Rohlinge lassen sich durch das sog. Kompressionmoulding auch für kleine Stückzahlen konturnah und somit wirtschaftlich herstellen. So können sämtliche bekannten Dichtungsvarianten wie Wellendichtringe, Kolben-Stangen-Dichtungen und selbst Gleitlager und Führungselemente für die Kryotechnik hergestellt werden. Kleine Stückzahlen oder vorgegebene Einbauräume sind aufgrund der spanenden Herstellung auf unseren Fertigungsmaschinen kein Problem.

Zusammenfassend läßt sich feststellen, dass es auf die individuelle Anforderung und Einbausituation bei Dichtungen im Einsatz mit Wasserstoff ankommt. Hier bieten wir Ihnen fachkundige Beratung und Unterstützung bei Auslegung und Auswahl geeigneter Dichtungslösungen an.

 

 

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